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bv Pressebericht "Ausnahmebewilligung nach § 8 Handwerksordnung (HWO) - Augen auf bei der Wahl von Schulungsangeboten zur Vorbereitung!"

bv-Pressebericht vom 17.09.2020

Augen auf bei der Wahl von Schulungsangeboten zum Thema „Ausbildung zum Autoglaser mit Zertifikat“!

Auf der Suche nach einer Schulungsmöglichkeit für Autoglaser, insbesondere zum Erwerb der Grundkenntnisse, ist äußerste Vorsicht geboten, denn nicht selten werben Unternehmen im Internet sehr eindrucksvoll mit Zertifikaten und Bescheinigungen, die den Anschein erwecken, Befähigungsnachweise zur Ausübung der „Teiltätigkeit Fahrzeugverglasung“ zu sein.

Dabei könnte sich der Interessent doch durchaus wundern, dass mit nur sehr geringem Aufwand, wie z. B. einer Wochenendmaßnahme oder einem praktischen Übungsumfang von 2 – 3 getauschten Fahrzeugscheiben im wahrsten Sinne des Wortes kein „Meister vom Himmel fallen kann“. Die Ausübung der Tätigkeit erfordert, wie die meisten Handwerksberufe, umfangreiche Übung der Praxis, um die Fertigkeiten im Umgang mit allen Materialien und Komponenten zu trainieren. Es wäre darüber hinaus überaus fahrlässig, berufsfremde Quereinsteiger und Berufsanfänger mit dem Kenntnisstand eines Workshop-Absolventen und in dem Glauben zu entlassen, somit die Tätigkeit an einem sicherheitsrelevanten Bauteil eines Fahrzeugs ausführen zu können.

Zahlreiche Absolventen solcher Maßnahmen wenden sich anschließend hilfesuchend an den Verband, weil sie erst dann bemerken, dass ihnen eine handwerksrechtlich anerkannte Zulassung zur Ausübung dieser Teiltätigkeit und somit die Zulassung zur Leitung eines eigenen Unternehmens fehlt. Aktuelle Anruferzahlen legen die Vermutung nahe, dass die Teilnehmer im Vorfeld derartiger Maßnahmen nur unzureichend oder gar nicht informiert werden. Diese Seminare, die häufig mit einer internen Schulung abschließen, entsprechen nicht einer Prüfung nach § 8 HwO oder ersetzen diese.

Welche Voraussetzungen sind für die Selbständigkeit oder Gründung eines Autoglaserbetriebes erforderlich?

Der selbständige Betrieb eines Handwerks ist nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung/HwO) als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften (selbständigen Handwerkern) gestattet.

Ein Gewerbebetrieb ist Handwerksbetrieb im Sinne dieses Gesetzes, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und vollständig oder in wesentlichen Tätigkeiten ein Gewerbe umfasst, das in der Anlage A zur HwO aufgeführt ist. Darunter fällt der Beruf des Autoglasers als Teiltätigkeit der Berufe „Kfz-Mechatroniker“, „Karosseriebauer“ und „Glaser“.

Zur Ausübung des Berufes Autoglaser wird somit der große Befähigungsnachweis (Meistertitel) in einem der genannten Hauptberufe benötigt.

Wer ist Ansprechpartner für die Antragstellung der Ausnahmebewilligung?

Liegt kein Meistertitel vor, so kann eine Ausnahmebewilligung über die jeweilig zuständige Handwerkskammer beantragt werden. Die im Autoglaserhandwerk am häufigsten beantragte Ausnahmebewilligung ist die nach § 8 HwO.

Ein Ausnahmefall ist dann anzunehmen, wenn sich der Antragsteller auf eine begrenzte Spezialtätigkeit aus dem Kernbereich eines Handwerks beschränken will, insbesondere wenn er mehrere Jahre lang in dem Bereich beschäftigt war. Es muss sich dabei um einen engen begrenzbaren Tätigkeitsbereich aus dem Kernbereich eines Handwerks handeln, der nicht alle Kenntnisse und Fertigkeiten des jeweiligen Handwerks erfordert.

Eine Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO ist zu erteilen, wenn

  1. die Ablegung der Meisterprüfung zum Zeitpunkt der Antragstellung oder danach eine unzumutbare Belastung bedeuten würde und
  1. die zur selbständigen Ausübung des zu betreibenden Handwerks notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen sind.

Der Antragsteller muss demzufolge denselben Leistungsstand und dieselbe Leistungsfähigkeit haben wie ein Meister. Es kann nicht Sinn der Ausnahmebewilligung sein – sofern ein Ausnahmegrund erkennbar ist – durch Erleichterung der fachlichen Anforderungen unqualifizierten Bewerbern den Weg zur selbständigen Ausübung eines Handwerks zu eröffnen (BVerfG vom 26.01.1962). Das bedeutet, dass der Antragsteller die in seinem Handwerk gebräuchlichen Arbeiten meisterhaft, d. h. nach den allgemeinen handwerklichen Grundsätzen fachgerecht verrichten kann. Darüber hinaus müssen grundlegende betriebswirtschaftliche, kaufmännische und rechtliche Kenntnisse vorhanden sein.

Die Grundlage für die fachliche Beurteilung ist eine Überprüfung des Bewerbers durch Sachverständige, die im Allgemeinen von den Handwerkskammern benannt werden.

Der Antragsteller ist verpflichtet, unmittelbar nach Antragstellung den von der Handwerkskammer benannten Sachverständigen zu kontaktieren und zeitnah einen Termin zum Erstgespräch wahrzunehmen. Ansonsten droht eine kostenpflichtige Ablehnung des Antrags. Darüber hinaus können weitere Kosten für die Nichtwahrnehmung des Termins in Rechnung gestellt werden. Prüfungsteilnehmer, die vom Bundesverband Autoglaser e. V. geprüft werden, erhalten automatisch nach Auftragserteilung der Handwerkskammer unaufgefordert eine schriftliche Einladung mit allen Informationen zu ihrem Prüfungsverfahren sowie zum nächstmöglichen Prüfungstermin.

Grundsätzlich ist es erfreulich, wenn auf eigene Initiative der Interessenten fachliche Weiterbildungen und Schulungen angestrebt werden; die teilweise auch von Arbeitsämtern und Fördereinrichtungen bezuschusst werden, allerdings stehen diese in keinerlei Zusammenhang mit der Kenntnisprüfung § 8 HWO und ersetzen diese auch nicht.

Das gleiche gilt für Bescheinigungen privater Auftraggeber oder früherer Arbeitgeber über ausgeführte Arbeiten. Eine Zuwegung zur Ausübungsberechtigung erfolgt einzig und allein über die Beantragung bei der jeweils zuständigen Handwerkskammer.

Kenntnisprüfungen entsprechen einem Gutachten und sind auf die jeweilige Person abzustimmen und auszurichten. Die bisherigen beruflichen Erfahrungen und Tätigkeiten sind dabei zu berücksichtigen. Dazu gehört neben einem Vorgespräch unter anderem auch die Festlegung des Prüfungsumfangs, Prüfungsprocedere sowie des individuellen Prüfungstermins. Im Anschluss an eine erfolgreich abgelegte Prüfung wird der Ergebnisbericht an die Handwerkskammer gesandt, die dann nach Vorliegen aller Voraussetzung über die Eintragung in die Ausnahmebewilligung entscheidet und per Zusendung der Benachrichtigung die Eintragung in die Handwerksrolle bestätigt.

Erklärt sich ein Antragsteller trotz Aufforderung der Handwerkskammer nicht bereit, seine Kenntnisse überprüfen zu lassen, so muss mangels anderer Nachweise angenommen werden, dass er nicht über die notwendigen Voraussetzungen und Fähigkeiten verfügt. Der Antrag ist dann abzulehnen. Zeigt die Vergleichsprüfung, dass der Prüfling nicht ausreichend befähigt ist, so kann ein Antrag auf Wiederholung einzelner Prüfungsteile oder der gesamten Prüfung gestellt werden. Die Handwerkskammer entscheidet im Einzelfall über die Bewilligung und Fristen.  

Der Bundesverband Autoglaser e. V. nimmt deutschlandweit im Auftrag zahlreicher Handwerkskammern die Sachkundeprüfung ab und berät interessierte Antragsteller gemeinsam mit den Handwerkskammern zu allen Fachfragen rund um das Prüfungsverfahren.

Thomas Klein - BVA-Vorsitzender                                                               17.09.2020

 

Bundesverband Autoglaser e. V. 

c/o Kreishandwerkerschaft Limburg-Weilburg

Stefan Laßmann - BVA-Geschäftsführer

Schiede 32

65549 Limburg / Lahn

Fon: 06431 / 91 46 – 0

Fax: 06431 / 91 46 -17

www.bundesverband-autoglaser.de

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